11.06.2021, 10:50

Ältere Bankkunden empfinden Strafzinsen als Nötigung

Verwahrentgelte werden für immer mehr Privatkunden zum Problem und zum Ärgernis. Vor allem, wenn die langjährige Hausbank plötzlich Druck macht – wovon sich vor allem ältere Klienten drangsaliert fühlen.

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Die Minuszinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) für Banken und Sparkassen führen dazu, dass immer mehr Geldinstitute die auch als "Verwahrentgelt" verbrämten Gebühren für Einlagen auf Konten oder sogar Sparbücher auf ihre Kunden abwälzen. Dabei gehen sie nicht gerade zimperlich vor – gerade gegenüber älteren Kunden, wie das "Hamburger Abendblatt" berichtet. Bei der Zeitung sind nach eigenen Angaben mehrere Beschwerden älterer Kunden der Hamburger Volksbank eingegangen, die sich massiv unter Druck gesetzt fühlten. Allerdings habe das Abendblatt auch Klagen von Klienten anderer Institute wie der Postbank, der Hamburger Sparkasse, Postbank und Deutscher Bank erhalten.

Nur ein Bespiel: Die Volksbank aus der Hansestadt habe einem 81-Jährigen im Februar eine E-Mail mit dem neuen Preisverzeichnis geschickt. Das besagt, dass die Bank nun ein "Verwahrentgelt" von 0,5 Prozent auf sein Erspartes erheben wollte. In Summe wären das immerhin 500 Euro pro Jahr, die der Senior für sein Guthaben auf dem Tagesgeldkonto berappen soll. Als er auf Vorschläge, das Ersparte zumindest teilweise etwa in Fonds, in eine Rentenversicherung oder in Gold zu investieren, nicht einging, habe das Institut mit der Kontoschließung gedroht, so die Zeitung. Weil er vor dem Aufwand eines Bankwechsels zurückschreckte, habe der Kunde den neuen Konditionen schließlich zähneknirschend zugestimmt. Seine Meinung zu dem Gebaren steht allerdings fest: "Ich bin mit dieser Bank durch. Mit ihr mache ich keine Geschäfte mehr", zitiert ihn das Abendblatt.

Verbraucherzentrale klagt gegen Negativzinsen
Die Verbraucherzentrale Hamburg bestätigt die Beschwerden. "Das ist derzeit nicht irgendein Thema bei uns in der Beratung, sondern es ist das Thema", sagt Hausjuristin Sandra Klug dem Abendblatt. Die Anrufer fühlten sich verunsichert und bedrängt, eine Vereinbarung über Negativzinsen zu unterschreiben, obwohl sie dies nicht wollten. Vor allem ältere Kunden verschiedener Banken würden sich melden. "Sie stehen der Situation oft hilflos gegenüber", sagt die Verbraucherschützerin. Dabei sei juristisch noch gar nicht entschieden, ob Negativzinsen überhaupt verlangt werden dürften. Die Verbraucherzentralen haben bundesweit sechs Verfahren gegen Geldinstitute wegen der sogenannten Verwahrentgelte laufen. Die ersten Urteile werden noch im Sommer erwartet.

Die Hamburger Volksbank sieht die Beschwerden der Zeitung zufolge gelassen. Ihr Vorstandssprecher Thorsten Rathje sagte bei der Bilanzvorlage des Instituts, dass rund 2.500 Privatkunden von Negativzinsen betroffen seien, weil ihre Einlagen die Schwelle von 10.000 Euro auf dem Girokonto und 100.000 Euro auf dem Tagesgeldkonto überstiegen. Seit November seien bei der Bank in diesem Zusammenhang insgesamt gut 60 Kundenbeschwerden eingegangen. "Das entspricht gerade einmal etwa 0,05 Prozent der Kunden", so Rathje. Eine Abmahnung der Verbraucherzentrale habe man nicht erhalten. "Es ist auch in keinem einzigen Fall ein Konto von uns aufgelöst worden", erklärte der Volksbank-Chef gegenüber dem Abendblatt. (jb)

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